Navigation überspringen Sitemap anzeigen

Anwaltskanzlei Ochsmann, Conny Ochsmann, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht Restschuldbefreiung

Mit dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung (InsO) zum 01.01.1999 wurde das Rechtsinstrument der Restschuldbefreiung in das deutsche Insolvenzrecht eingeführt. Das Restschuldbefreiungsverfahren führt dazu, dass nicht oder nicht vollständig erfüllte Insolvenzforderungen nach Abschluss des Verfahrens nicht mehr durchgesetzt werden können.

In den seltensten Fällen führt das Insolvenzverfahren zu einer vollständigen Erfüllung der Insolvenzforderungen. In Verbraucher- oder Kleininsolvenzverfahren überwiegen diejenigen Verfahren in denen keine oder eine nur sehr geringe Quote, meist unter 1 % auf die Forderungen ausgezahlt werden. Die Verwertung des schuldnerischen Vermögens führt damit auch zu keiner wesentlichen wirtschaftlichen Verbesserung des Schuldners.

Mit dem Instrument der Restschuldbefreiung soll dem redlichen Schuldner die Möglichkeit eines Neuanfanges eröffnet werden, indem dieser bei Erfüllung der Voraussetzungen und Obliegenheiten von der Erfüllung der Restverbindlichkeiten befreit wird.

Das Restschuldbefreiungsverfahren ist in den §§ 293 - 303 InsO geregelt. Es wird auf Antrag des Schuldners eingeleitet, über welchen das Insolvenzgericht entscheidet.

Update

Im Dezember 2020 wurde das Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens verabschiedet und ist zugleich in Kraft getreten.

Bislang konnten natürliche Personen, sei es Unternehmer, sei es eine private Person, Restschuldbefreiung ohne Bedingungen erst nach 6 Jahren erlangen. Sind die Verfahrenskosten gedeckt oder die Gläubigerforderungen zumindest 35 % befriedigt, konnte auf Antrag die Restschuldbefreiung vorzeitig erteilt werden.

Nunmehr wird die Restschuldbefreiung für alle nach dem 31.09.2020 eingeleiteten Insolvenzverfahren ohne Bedingungen nach 3 Jahren erteilt. Eine weitere Verkürzung der Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens besteht nicht mehr.

Die Änderung durch das Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens hat auch Auswirkungen auf "Altfälle". Für Verfahren, welche zwischen dem 17.12.2019 und dem 30.09.2020 eingeleitet wurden, wurden Übergangsfristen normiert. Die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens beträgt zwischen 5 Jahren und 7 Monaten und 4 Jahren und 10 Monaten. 

Die Restschuldbefreiung wird versagt, wenn u.a.

  • der Schuldner wegen einer Insolvenzstraftat (§§ 283 - 283c StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist (z.Bsp. Bankrott),
  • der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in bestimmten Zusammenhängen falsche Angaben gemacht hat oder
  • der Schuldner während des Insolvenzverfahrens Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten verletzt hat.

Die Versagungsgründe sind in § 290 InsO abschließend aufgeführt. Ein auf die in § 290 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 InsO aufgezählten Versagungsgründe gestützter Versagungsantrag ist nur zulässig, wenn der Gläubiger diesen Antrag im Schlusstermin stellt. Eine Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 290 InsO kann nach dem Schlusstermin nicht mehr beantragt werden. Der Schlusstermin enthält insoweit eine Zäsur.

Für die Erlangung des Restschuldbefreiung hat der Schuldner bestimmte Obliegenheiten zu erfüllen, u.a.

  • eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit ablehnen,
  • Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erwirbt, zur Hälfte des Wertes an den Treuhänder herauszugeben. Damit soll ein Anreiz geschaffen werden, das Erbe nicht auszuschlagen, denn die Erbausschlagung hat wegen § 83 Abs. 1 S. 1 InsO nach h.M. für den Schuldner keine nachteiligen Konsequenzen.

Während der Wohlverhaltensperiode hat der Schuldner auch seine pfändbaren Bezüge (§ 287 Abs. 2 InsO) an den Treuhänder (§ 292 InsO) abzutreten. Der Selbstbehalt des Schuldners erhöht sich nach 4 und nochmals nach 5 Jahren gem. § 292 Abs. 1 InsO. Die Bundesregierung räumt jedoch selbst ein, dass der damit bezweckte Anreiz zu zusätzlichen Anstrengungen nicht erreicht wird.

Nach Ablauf der Wohlverhaltensphase (6 Jahre ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens) wird soweit kein Antrag auf Versagung gestellt wird, die Restschuldbefreiung erteilt. Antragsberechtigt für die Versagung sind der Insolvenzverwalter/Treuhänder oder jeder Gläubiger. Ein Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung kann wegen Verletzung der Obliegenheiten nach § 295 InsO gestellt werden.

Von der Restschuldbefreiung sind bestimmte Forderungen ausgeschlossen. Hauptanwendungsbereich liegt in der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung. Liegt eine solche Begehungsweise vor, sollte dieser Rechtsgrund bei Anmeldung der Forderung angegeben und glaubhaft gemacht werden. Gegen die Anmeldung des Rechtsgrundes der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung kann der Schuldner Widerspruch erheben. Dem Gläubiger wird bei einem Widerspruch gegen den Rechtsgrund die Möglichkeit eingeräumt eine Feststellungsklage gegen den Schuldner einzuräumen. Wird die Forderung mit dem Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung zur Insolvenztabelle festgestellt, kann nach Ende des Verfahrens aus der vollstreckbaren Ausfertigung des Tabellenauszuges die Erfüllung der Restforderung durchgesetzt und erzwungen werden.

Die Ausnutzung der rechtlichen Möglichkeiten hat sowohl auf Schuldner- als auch Gläubigerseite enorme wirtschaftliche Bedeutung.

Eine umfassende Prüfung im Einzelfall ist unverzichtbar.

Zum Seitenanfang